Dieses Selfie machte ich am 22. April 2023, im Alter von 63 Jahren, 9
Monaten und 8 Tagen vor einem blühenden Apfelbaum, 307 Kilometer Luftlinie
in ostnordöstlicher Richtung von meiner Geburtsstadt Lienz entfernt.
Weiter habe ich es nicht gebracht.
Blicke ich zurück auf den Weg, den ich gekommen bin: was sehe ich? Kaum
Fußspuren, geschweige denn Denkmäler. Ich habe nichts geschaffen außer
meiner Welt, die ausschließlich meinen Kopf bewohnt. Ich habe nichts
geleistet, keine sichtbaren oder hörbaren oder greifbaren Werke
hinterlassen. Ich habe nur gedacht, zu viel gedacht und noch mehr gefühlt
und geschaut; nur aufgesogen habe ich, ganz selten aber abgegeben. Ja,
Berge – besser: Hügel ... Maulwurfshügel! - von Schriften säumen diesen
Weg; Schriften, die ich nicht einmal selbst lesen kann, weil nichts in
ihnen steht. Alle meine Schriften haben nur mich, nur mein Innenleben zum
Inhalt. Sie sind ein matter Spiegel meiner Seele, nichts weiter. Schreiben
bedeutet mir nur Auseinandersetzung mit mir selbst. Schreiben ist mir bloß
Mittel, mir selbst gewachsen zu sein, mich mir selbst erträglich zu
machen. Jeder Satz aus meiner Hand steht für einen Dorn, den ich mir unter
Schmerzen herausziehe. In meinen Schriften - welch anmaßend hochtrabendes
Wort - wird nichts erklärt, kein Problem erörtert, keine Philosophie
geformt und keine Geschichte erzählt. Wer mich liest, wird weder etwas
Neues über sich erfahren, noch Informationen über die Welt finden, oder
gar Unterhaltung. Man stelle sich die Frage, aus welchem Grund man liest:
es gibt viele Antworten. Aber welche Antworten man sich auch gibt: in
meinen Schriften wird sie ihre Erfüllung nicht finden.